Schon in jungen Jahren hat Inge Miczka ihre Leidenschaft für die Kunst entdeckt. Ob durch
Experimentieren mit Fotokameras, die ihr der Vater schenkte, oder durch die faszinierte
Auseinandersetzung mit künstlerischer Reduzierung, wie sie es im Kunstunterricht über den
Kubismus lernte – bildnerisches Darstellen hat in Inge Miczkas Leben zentralen Stellenwert.
Das solide Handwerkszeug ihrer heutigen künstlerischen Tätigkeit hat Inge Miczka daraufhin von
Grund auf erlernt: Nach einer Berufsausbildung im Druckgewerbe war sie als Grafikerin und
Layouterin in verschiedenen Verlagen tätig. Während ihrer anschließenden siebenjährigen Tätigkeit
als Projektleiterin und Ausbilderin für Mediengestaltung in einer Design-Agentur baute Inge
Miczka ihr künstlerisch-kreatives Standbein auch freischaffend aus. Heute hat sie sich als bildende
Künstlerin, Fotografin und Grafikerin etabliert. Sie legt großen Wert auf kontinuierliche
künstlerische Weiterbildung, etwa an der Europäischen Kunstakademie Trier, und kann auf
Ausstellungen von ihrer Heimatstadt bis zum Mumok Wien verweisen.
Im Zentrum von Inge Miczkas künstlerischer Arbeit steht die in deutlichem Wandel begriffene Welt.
Vor diesem Hintergrund untersucht die Künstlerin Fragestellungen rund um den Themenkomplex
Wahrnehmung und Erkenntnis. Dazu stellt sie Ambivalenzen her und macht auf Zusammenhänge
und Verbindungen aufmerksam, die nicht immer offensichtlich und oft unbequem sind. So setzt sie
beispielsweise in bestimmten Werkgruppen unterschiedliche Medien wie Fotografie, digitale
Bildbearbeitung und Malerei in Beziehung zueinander und wirft kritische Fragen auf, die sich mit
Wahrnehmung im Kontext medialer Wirklichkeiten beschäftigen, etwa hinsichtlich Wahrheit und
Manipulation. Das künstlerische Kernthema von Wahrnehmung und Erkenntnis tritt bei Inge
Miczka auch dann besonders in den Vordergrund, wenn es in ihrem Werk um ökologische
Missstände geht. Für die Künstlerin gehört es zu den dringenden gesellschaftlichen Aufgaben, mit
Ressourcen und Werten verantwortungsvoll und nachhaltig umzugehen. Hier bestehen klarere
Verantwortlichkeiten, nämlich bei jedem Menschen, und daher auch rezeptionsbedingte
Erkenntnismomente für jeden Einzelnen – und nicht immer von angenehmer Art. Dabei sieht sich
Inge Miczka auch selbst in einem Zwiespalt: Aufgrund mancher Konsumverlockung lassen sich
selbstgesteckte Nachhaltigkeitsziele nicht immer zufriedenstellend erreichen. Doch sie ist
überzeugt: Bewussterer Konsum kann für jeden der erste Schritt hin zu wichtigen Veränderungen
sein.
Seien es stärker formal oder stärker inhaltlich geprägte Werkgruppen und Umsetzungsformen: Die
Konstante in Inge Miczkas künstlerischer Arbeit besteht darin, durch ein Wechselspiel aus
Wahrnehmung und Erkenntnis die Brüche des Menschseins zu untersuchen, neben mancher
Fassade auch das unbequeme 'Dahinter' zu öffnen, einer Erwartung eine – klärende – Enttäuschung
folgen zu lassen. So beinhalten ihre ambivalenten Arbeiten stets bewusste Irritationen, Momente des
Erkennens sowie Reflexionsimpulse über eigene Verantwortlichkeit.
Um diese künstlerischen Ziele zu erreichen, bleibt die Künstlerin in ihrer Arbeit nicht auf einer
ersten gefundenen Ideen-Ebene stehen. Ihr Anspruch geht darüber hinaus. Am Beispiel der
'Meeresfrüchte'-Serie verdeutlicht, zeigt sie nicht lediglich, dass Müll schädlich und
Müllvermeidung bzw. Wiederverwertung relevant ist. Inge Miczka geht die entscheidenden Schritte
weiter, bezieht angrenzende Thematiken ein und und öffnet so durch ihre Arbeit einen Diskurs über
größere Zusammenhänge.
Text: Daniel Scheffel